Das „Konzert im Berg“ als weiteres Highlight bei den Andermatt Swiss Alps Classics
Ein Konzert in einem Berg ist an sich bereits ein besonderes Ereignis. Wenn dazu Isabel Karajan rezitiert, vom Andermatt Swiss Chamber Ensemble begleitet wird, der Cäcilienverein Andermatt mitwirkt, und das alles neben dem grössten je gefundenen Bergkristall der Welt – dann verspricht dies eine weitere Dimension des Aussergewöhnlichen.
Am Freitag, 30. Juni 2017, wird im Berg eine halbszenische mit einer musikalischen Aufführung verbunden. In der ehemals streng geheimen Armeefestung Sasso San Gottardo rezitiert Isabel Karajan die berühmte Erzählung „Die Maske des roten Todes“ von Edgar Allen Poe, die 1842 erschien und 1919 André Caplet zur „Conte Fantastique“ für Harfe und Streichquintett inspirierte.
Isabel Karajan, Tochter des Dirigenten Herbert von Karajan und Eliette von Karajan, kam in Wien zur Welt und erhielt hier den ersten Schauspielunterricht. Nach ihrer Ausbildung bei Jean-Laurent Cochet in Paris war sie zunächst Ensemblemitglied am Thalia Theater in Hamburg unter der Intendanz von Jürgen Flimm, bevor George Tabori sie an sein legendäres Theater „Der Kreis“ nach Wien holte.
Dank ihrer Zweisprachigkeit wurde sie auch an französische Theater in Paris engagiert. Sie spielte ausserdem in Avignon, in Adelaide/Australien, in Buenos Aires, an der Schaubühne Berlin, an den Münchner Kammerspielen u. a.
Es sind aussergewöhnliche Projekte, die der Schauspielerin am Herzen liegen: Gemeinsam mit dem Regisseur Klaus Ortner entwickelt sie eigene Konzepte für Musik-Theater-Aufführungen mit Kammermusik oder grossem Orchester.
„Conte Fantastique“ für Harfe und Streichquintett
Das für die Andermatt Swiss Alps Classics gegründete Swiss Alps Chamber Ensemble (im vorigen Newsletter präsentiert) übernimmt die musikalische Ausführung der „Conte Fantastique“ des französischen Komponisten und Dirigenten André Caplet (1878, Le Havre – 1925, Neuilly-sur-Seine).
André Caplet lernte in jungen Jahren Violine, Klavier und Komposition und spielte Pauke im renommierten Orchestre Colonne, dessen Dirigent er in der Folge wurde. 1901 gewann er den begehrten Kompositionspreis „Prix de Rome“, wobei Maurice Ravel einer seiner Mitbewerber war, und studierte anschliessend bei Claude Debussy.
1914 wurde Caplet Leiter der Pariser Oper. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig zum Militär. Durch einen deutschen Giftgasangriff trug er schwere gesundheitliche Schäden davon und musste somit den Dirigentenberuf aufgeben. Fortan widmete er sich bis zu seinem frühen Tod der Kompositionstätigkeit.
„Mit ‚Conte Fantastique‘ gelang es Caplet, die Virtuosität, Schönheit und Kraft von Poes Sprache in packenden, musikalischen Bildern wiederzugeben: das Wüten der Seuche, das ausgelassene Tanzfest, die morbide Schönheit des Palastes von Prinz Prospero, der Schlag der Uhr…. Die Horrorgeschichte von der alles Leben bedrohenden Krankheit und der Hochmut, der sich über die Natur ebenso hinwegsetzt wie über die Gebote der Menschlichkeit, endet mit einem Satz, der in die Literaturgeschichte einging: ‚And Darkness and Decay and the Read Death held illimitable dominion over all‘“, so Clemens Hellsberg, der künstlerische Leiter der Andermatt Swiss Alps Classics.
Unmittelbar auf „Conte Fantastique“ folgt ein extrem gegensätzliches Werk: Die Motette „Ave verum“ KV 618 von Wolfgang Amadeus Mozart, die der Meister in seinem Todesjahr 1791 komponierte. Die 24 Mitglieder des Cäcilienvereins Andermatt, des seit 87 Jahren bestehende Kirchenchors der Gemeinde, singen dieses zutiefst bewegende Werk unter der Begleitung des Swiss Alps Chamber Ensembles.
Das Ave verum wird in Kompositionen von Größen wie Franz Liszt, Peter Iljitsch Tschaikowsky und Francis Puolenc zitiert und veranlasste Hector Berlioz zu folgendem Urteil in seiner berühmten, von Richard Strauss ergänzten Instrumentationslehre: „Zu einem Andante [für Chor] in gehaltenen und sanften Tönen wird [der Komponist] nur die Töne der Mittellage verwenden, da diese allein die geeignete Klangfarbe haben, mit Ruhe und Reinheit angegeben und ohne die geringste Anstrengung pianissimo ausgehalten zu werden. So hat es auch Mozart in seinem himmlischen Gebet ‚Ave verum corpus‘ getan.“
Isabel Karajan, deren Wahlheimat die Schweiz ist und die sich mit wahrhaft mitreissendem Enthusiasmus der Aufführung im Berg widmet, schreibt in ihrem Statement für Andermatt Swiss Alps Classics: „Ich freue mich unglaublich über die Möglichkeit, die Phantasie des Publikums mit den drei Komponenten Musik, Literatur und Natur zu entfachen und zu einem ganz besonderen (und wohl schon aufgrund des Vortragsraumes einzigartigen) Erlebnis zu verbinden…“
Bei einer Begehung und ersten Stellprobe am 25. Mai 2017 zeigten sich Isabel Karajan, Klaus Ortner und der Bühnentechniker Gerrit Sardemann von der einzigartigen Atmosphäre des „Kristallsaals“ ebenso überwältigt wie Columban Russi, der Präsident des Cäcilienvereins. Gemeinsam mit Damian Zingg, dem Leiter des Museums der Fondazione Sasso San Gottardo, der das Projekt mit der gleichen Begeisterung unterstützt, wurden die Möglichkeiten für eine optimale Aufführung ausgelotet und wesentliche Entscheidungen über Aufstellung der Mitwirkenden, technische Effekte, Platzierung des Publikums etc. getroffen.
Freuen wir uns auf eine aussergewöhnliche „musikalische Verdichtung“, wie Isabel Karajan es nennt, an einem mystischen Ort im Gotthardmassiv.